In der Sitzung des Gemeinderats am 30. Januar 2023 wurde der Haushalt der Gemeinde Weingarten verabschiedet. Die zugehörige Haushaltsrede, gehalten von Nicolas Zippelius, MdB, finden Sie hier.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Bänziger, liebe Kolleginnen und Kollegen Gemeinderäte, meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich möchte mich im Namen der CDUFraktion zuerst herzlich bei allen im Ehrenamt Tätigen bedanken. Wir erleben nun das vierte Krisenjahr infolge. Nach den intensiven Pandemiejahren, spüren die Bürgerinnen und Bürger nun die Auswirkungen eines Krieges in Europa. Es sind einmal wieder sehr viele Ehrenamtliche, die durch ihren Einsatz das gesellschaftliche Miteinander tragen. Ihre Zeit, ihr Engagement und ihre Leidenschaft tragen dazu bei, unsere Gemeinde zu einem lebenswerten Ort zu machen. Sie unterstützen in vielen Bereichen, von der Jugendbetreuung über den Umweltschutz bis hin zur Kultur- und Freizeitgestaltung. Die Mitglieder unserer Fraktion sind sich bewusst, dass ihre Arbeit manchmal auch belastend sein kann, gerade in den vergangenen Monaten und Jahren. Daher möchten wir uns auch für ihre Geduld und Ihre Ausdauer bedanken und in aller Deutlichkeit mitteilen, dass ihre Arbeit sehr wertgeschätzt wird. Herzlichen Dank.
Wir stehen auch in Weingarten vor einem Jahr mit Herausforderungen. Man sollte bezüglich Prognosen stets vorsichtig sein, denn schon ein altes Sprichwort besagt, dass diese schwierig sind, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. Gerade erst vor wenigen Tagen hat Kristalina Georgiewa, Vorsitzende des Internationalen Währungsfonds, die Jahresprognose für die Bundesrepublik Deutschland nach oben korrigiert. Auch im Jahreswirtschaftsbericht der Bundesrepublik Deutschland geht man nicht mehr von einer Rezession, sondern von einem minimalen Wachstum aus. Hoffen wir, dass dies so zutrifft. Klar ist, die Bürgerinnen und Bürger unserer Gemeinde und damit verbunden die ortsansässigen Unternehmen werden hohe Inflationsraten weiter zu spüren bekommen und diese bewältigen müssen.
Der Haushaltsplan für das Jahr 2023 schließt im Ergebnishaushalt wohl mit einem positiven Gesamtergebnis von 2.750.900 EUR. Das ordentliche Ergebnis ist für die CDU-Fraktion dagegen mit -954.900 EUR grundsätzlich unbefriedigend. Dieses positive Gesamtergebnis können wir nur durch den Verkauf von Vermögen und somit einem positiven Sonderergebnis erzielen und nur damit können wir die gesetzlichen Vorgaben für unseren Haushalt erfüllen!
Wir haben deshalb schon bei der Haushaltseinbringung durch die Verwaltung unsere Forderung aus den letzten Jahren nach einem ausgeglichen Haushalt, nach einer „schwarzen Null“, vor der Verrechnung des Sonderergebnisses, erneuert. Gleichzeitig haben wir offen gelassen, ob wir nach 2022 (Planansatz war -847.000 EUR) erneut einem negativen Ergebnis als ordentliches Ergebnis zustimmen können.
Ich darf die anwesenden Vertreter der Verwaltung beruhigen und bereits zum Anfang unserer Stellungnahme die Zustimmung unserer Fraktion für den Haushaltsplan 2023 geben.
Dafür gibt es natürlich Gründe: Erstens haben wir bei der Haushalts-Klausurtagung gesehen, dass Bürgermeister und Verwaltung unsere Forderung - die übrigens auch von anderen Fraktionen gestellt wurde - ernst nehmen und wir gemeinsam Ergebnis-verbesserungen erarbeiteten. Zweitens gibt es im Jahr 2023 Sondereinflüsse zu berücksichtigen, wie z.B. negative Auswirkungen aus dem Finanzausgleich und die nach Rücksprache mit der Finanzaufsicht korrigierte Darstellung des Verkaufs der Ökopunkte. Grundsätzlich wollen wir aber auch festhalten, dass wir heute „nur“ über einen Haushaltsansatz, eine Planung, entscheiden, die - und das liegt in der Natur der Sache – auch Spielräume und Reserven beinhaltet. Wir wollen aber auch deutlich betonen, dass wir zukünftig noch früher und transparenter in die kurzfristige Ausgabenplanung eingebunden werden wollen.
Trotz der heutigen Zustimmung, werden wir am Ziel eines positiven ordentlichen Ergebnisses für die nächsten Jahre festhalten und an der Konsolidierung unseres stark belasteten Haushalts aktiv mitwirken. Dazu fordern wir von allen Beteiligten, von Bürgermeister, Verwaltung und Gemeinderat, eine strikte Haushaltsdisziplin und vor allem einen Sparwillen, eine strikte Beschränkung auf die wesentlichen Aufgaben und Ziele. Auch die Personalkosten müssen auf den Prüfstand.
Und dies vor dem Szenario der bereits angesprochenen, spürbaren Krisen. Diese haben natürlich auch enorme Auswirkungen auf Weingarten und unseren Haushalt. Wir hoffen sehr, dass die geplanten Einnahmen, neben den Steuereinnahmen und Umlagen, auch die der Leuchtturmprojekte „BBP Kirchberg-Mittelweg“ und „BBP Sandfeld“ erzielt werden können, so dass wir die nicht oder nur marginal beeinflussbaren Kosten decken können und Mittel übrig bleiben unsere freiwilligen Leistungen beizubehalten.
Die anstehende Grundsteuerreform wurde uns vom Gesetzgeber wohl mit Werteveränderungen im Einzelfall (plus/minus), aber auch ohne eine versteckte allgemeine Grundsteuererhöhung angekündigt. Die CDU-Fraktion beantragt daher, der Gemeinderat möge einen Ausgleich in Form einer Anpassung der Hebesätze für unsere Gemeinde vornehmen. Dazu schlagen wir konkret eine Hebesatz-Anpassung dergestalt vor, dass durch die Neuberechnung der Grundsteuer der Gesamtbetrag des derzeitigen Grundsteueraufkommens nicht überstiegen wird.
Weingarten steht vor großen Herausforderungen im investiven Bereich. Investitionen in die Infrastruktur, in Form von weiteren Kindergärten, Schulneuausrichtung, Ärztehaus, Straßen und Wasserversorgung, sowie in wirkungsvolle Maßnahmen zum Klima- und Katastrophenschutz.
Seit Jahren fordert die CDU ein Ärztehaus. Ein MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum) reicht nicht aus, um die schwindende Ärztekapazität auszugleichen. Die ärztliche Versorgung sicherzustellen, ist ein elementarer Bestandteil der Daseinsvorsorge. Dafür reichen die bislang getätigten Bemühungen nicht aus. Schon vor Jahren hat die Gemeinde, auf Antrag unserer Fraktion, ein Gebäude in der Bahnhofstraße erworben, um ein Ärztehaus zu errichten. Passiert ist seither nichts. Daher fordern wir die Gemeindeverwaltung im Sinne unseres Antrags aus dem Jahr 2022 erneut auf, endlich Gespräche mit einem Investor zu führen, um die Errichtung eines Ärztehauses zu forcieren. Dies würde nicht nur unsere angespannte Haushaltslage entlasten, sondern ebenso die Entlastung der Gemeindeverwaltung bedeuten. Andere Gemeinden haben es uns bereits vorgemacht und berichten dabei auch positiv über die in diesem Prozess verbundene Findung von medizinischem Fachpersonal.
Das finanziell größte Projekt schieben wir vor uns her - die baulichen Voraussetzungen für die Neuausrichtung unserer Schule. Wir müssen die Grundschule zur Ganztagsschule umorganisieren und das Gesamtangebot für den Standort Weingarten erhalten. Das geht aber nur, wenn wir dies auch finanzieren können. Dazu benötigen wir ein klares Konzept und einen hohen Anteil an Finanzzuschuss von Bund und Land. Nach wie vor sehen wir dabei klare Vorteile bei einem Schulhausneubau anstelle eines länger befristeten und mit vielen Unwägbarkeiten behafteten Umbaus am heutigen Schulareal. Wir sagen dies auch hinsichtlich einer etwaigen Bauzeit. Der jetzige Standort hat viel Charme und Historie aber er hat auch deutliche Nachteile. Eine Umbauzeit von geschätzt 7-8 Jahren würde nach Erachten unserer Fraktion zu einer Reduzierung von Schülerzahlen führen. Was wir wie so oft nicht haben ist Zeit und Geld. Die Datenlage weist darauf hin, dass beide Faktoren an einem neuen Standort Festplatz bessere Bedingungen vorfinden würden. Ab dem Jahr 2026 gilt bundesweit der Anspruch auf Ganztagesbetreuung in Grundschulen. Wir sehen an dieser Stelle die Diskrepanz zwischen einem gut gedachten Gesetz und der Schwierigkeit, diese in den Kommunen ordentlich umzusetzen. Wir appellieren hierbei an die übergeordneten Stellen und verweisen auf das sog. Konnexitätsprinzip – wer bestellt bezahlt. Der Bund muss für den Mehraufwand aufkommen und darf unsere Städte und Gemeinden nicht im Regen stehen lassen.
Dass Weingarten für junge Familien attraktiv ist, ist ein gutes Zeichen. Wir sehen dies unter anderem am Platzbedarf unserer Kindergärten und Kindertagesstätten. Seit Jahren ist es unser Wunsch vor die sogenannte Welle zu kommen und dem Bedarf entsprechend eine langfristige geplante Infrastruktur aufzubauen.
Die Infrastruktur im analogen und digitalen Bereich weiter zu modernisieren, muss eine zentrale Aufgabe in unserer Gemeinde bleiben. Im Bereich der Breitbandversorgung haben wir in der Vergangenheit wichtige Grundsteine gelegt. Dazu gehören der Lückenschluss Jöhlinger Straße oder die Versorgung des Gewerbegebiets westlich der Bahn. Daten sind der Rohstoff der Zukunft und schnelles Internet für unser Gewerbe aber auch in Zeiten von mehr Home-Office ganz generell unabdingbar.
Die CDU-Fraktion will ein gleichberechtigtes Miteinander aller Verkehrsteilnehmer sicherstellen und gewährleisten. Fußgänger, gerade auch jene mit Kinderwagen und Rollatoren, benötigen ausreichend Raum zur Fortbewegung. Beim Fahrradfahren sehen wir nicht nur eine größere Ausbaufähigkeit innerorts, sondern wollen sicherstellen, dass die statistisch viel frequentierten kürzeren Arbeitswege von mehreren Kilometern durch eine hervorragende, überörtliche Fahrradwegeinfrastruktur zurückgelegt werden können. Und der geregelte Autoverkehr ist in einer großflächigen Gemeinde wie Weingarten nicht wegzudenken. Ein gutes Parkraumkonzept soll weiter umgesetzt werden und nach Ansinnen der CDUFraktion wäre ein generelles Tempolimit in unserer Gemeinde denkbar. Wir freuen uns, dass es auf Initiative mehrerer CDUGemeindeverbände in der Hardt und u.a. der CDU Weingarten, durch einen Antrag der CDU/Junge Liste-Kreistagsfraktion gelungen ist, die neue Buslinie 159 von Pfinztal über Walzbachtal nach Weingarten zu installieren. Zusammen mit der Buslinie 195 von Leopoldshafen über das KIT bis nach Stutensee und Weingarten wurde somit ein Nordring als Querverbindung gebildet. Mit unseren Anträgen zur Barrierefreiheit wollen wir Gebäude und Gemarkung für alle Personen zugänglicher gestalten.
Auch im Bereich des zukünftig neu zu bebauenden Areals „Trautwein“ in der Höhefeldstraße müssen wir rechtzeitig die Weichen stellen. Ein Wohnareal in der geplanten Größe bedeutet auch ein Mehr an Verkehr. Die Anwohner der Höhefeldstraße sind heute schon einem erhöhten Verkehrsaufkommen und einem erhöhten Lärmpegel ausgesetzt. Wir müssen erörtern, wie der zu erwartende Mehrverkehr, zum Beispiel durch eine hintere Zufahrt über die Bundesstraße 3, geregelt werden kann.
Das Thema Klimaschutz betrifft uns alle und die CDU-Fraktion darf sich zurecht an der Spitze der Bemühungen um die bestmöglichen Lösungen beim kommunalen Klimaschutz in unserer Gemeinde sehen. Dies bezeugen nicht nur unterschiedliche Anträge, wie die Prüfung von Photovoltaikanlagen auf gemeindeeigenen Dächern, die im vergangenen stattgefunden und zahlreiche Möglichkeiten aufgezeigt hatte, sondern es betrifft auch die Tatsache, dass die Einsetzung unseres gemeindeeigenen Klimaschutzmanagers auf eine Initiative der CDU-Fraktion zurückzuführen ist. Rational, werthaltig und zukunftsorientiert – nach diesem Dreiklang soll Klimaschutz in Weingarten umgesetzt werden. Die Gemeindeverwaltung sollte von Direktiven, wie die Bürgerinnen und Bürger zu reisen oder sich zu ernähren haben, wie am Neujahrsempfang zu hören, schnell wieder abkehren und sich darauf konzentrieren, welche Potenziale die Kommune hat. Wir könnten uns hier die Entwicklung eines zielkonformen Transformationsplans, eine zukunftsorientierte Wärmeplanung oder die Erstellung eines KfW-geförderten Quartierskonzeptes vorstellen, wenn die Bürger sich das wünschen. Diskutiert werden könnte auch, ob die Gemeinde Weingarten ein eigenes kommunales Förderprogramm für Photovoltaikanlagen auf Bestandsimmobilien wie beispielsweise in Rheinstetten auflegt.
Wir sind den Mitarbeitern unseres Forstes dankbar, die gerade auch im vergangenen Hitzesommer durch ihre unermüdliche Arbeit sicherstellten, dass bestmöglich auf die Folgen des Klimawandels in unseren Wäldern reagiert werden kann. Unser Wald wird auch in Zukunft weiterer Investitionen bedürfen. Der immaterielle Wert ist aber nicht messbar und als Ort der Naherholung bietet der Wald Erholungsraum für Jung und Alt. Wir tun gut daran, uns diese Investition in Zukunft auch etwas kosten zu lassen.
Längst überfällig ist die Überarbeitung der Vereinsförderrichtlinien aus dem Jahr 2009. Die CDU-Fraktion hat gemeinsam mit der SPD-Fraktion und der Grünen Liste im Oktober 2019 bereits einen entsprechenden Antrag gestellt. Die Verwaltung und der Gemeinderat haben sich leider erst im Juli 2022 erstmals damit beschäftigt. Mittlerweile drängt die Zeit, da die Vereine – insbesondere solche mit Anlagevermögen – an den enorm gestiegenen Verwaltungs- und Energiekosten zu knabbern haben. Die finanzielle Unterstützung unserer Vereine, die unabdingbare Pfeiler des Gemeinwohls sind, muss nach 13 Jahren eine spürbare Anpassung erfahren.
Dass der Bauhof wieder in den Kernhaushalt eingegliedert wurde, halten wir für richtig.
Das Jahr 2022 war mit großen Belastungen verbunden. Ein Dankeschön geht an die gesamte Verwaltung, an unseren Bauhof und die Wasserversorgung. Vieles von dem, das sie tagtäglich erledigen wird, als selbstverständlich angesehen. Der damit einhergehende Mehraufwand bleibt leider zu oft unbeachtet. Wir danken Ihnen, Herr Bürgermeister sowie den Fachbereichen und damit verbunden allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die gute Zusammenarbeit zum Wohle unserer Gemeinde. Abschließend danken wir aber auch ganz besonders allen sozial tätigen Gruppen und Organisationen, der Freiwilligen Feuerwehr, dem DRK, der DRLG, der Polizei und allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, für Ihr Engagement im vergangenen Jahr. Die CDU-Fraktion stimmt dem vorgelegten Haushalt und den Wirtschaftsplänen der Wasserversorgung zu.